Ev.- luth. Kirche SS. Peter & Paul, Bevenrode

Ev.- luth. Kirche SS. Peter & Paul, Braunschweig-Bevenrode, I / P / 12

 

Restaurierung der Lindrum-Orgel

 

Die ev.-luth. Kirche SS. Peter & Paul in Bevenrode steht auf Grundmauern, die bis in das 12. Jahrhundert zurückgehen. Der Kirchturm zeugt mit seinen Zwillingsfenstern noch von jener frühen Bauphase. Ein grundlegender Umbau fand in den Jahren 1864 bis 1877 statt, bei dem das Kirchenschiff erweitert wurde und der Turm eine Erhöhung um das heutige Glockengeschoß erfuhr.

Die Orgel wurde 1864 vom Braunschweiger Orgelbauer Titus Lindrum als einmanualiges Instrument mit 11 Registern auf Manual und Pedal gebaut. Für ein zur Bauzeit noch nicht montiertes Register „Gedact 16‘“ wurden bereits die Vorbereitungen an Windlade und Spieltisch getroffen. Später fanden Umbauten statt, bei denen eine entsprechende Erweiterung erfolgte, wiederum später aber ein stärkerer Eingriff in die Disposition vorgenommen wurde.

Unter den wenigen Instrumenten, die noch von Lindrum erhalten sind, ist jenes in Bevenrode die einzige, das als seitenspielige Orgel konzipiert ist.

 

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Als Besonderheit ist anzumerken, dass die Orgel ursprünglich über eine Pedalkoppel verfügte, die in der großen Oktave als übliche Ventilkoppel ins Manual wirkte, ab dem kleinen c aber als Oberoktavkoppel im Pedal angelegt war. Entsprechende Kanzellen, Schleifen- und Stockbohrungen sowie Fragmente der Traktur sind noch vorhanden, auch wenn in den 1960er Jahren diese Rarität zugunsten einer Doppelwippenkoppel entfernt wurde.

 

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Der große Bestand an bauzeitlichem Pfeifenmaterial, die solide Konstruktion der gesamten Orgel und die Besonderheit der Pedalkoppel, über die auch das Abnahmegutachten von 1864 Auskunft gibt, rechtfertigen eine grundlegende Restaurierung auf den Zustand, der 1864 konzipiert wurde.

Die Sichtung der Baugruppen bei der Demontage gibt deutlich Auskunft über Konstruktionsweisen der zu rekonstruierenden Teile. Sorgfältiges Sichern aller Spuren und lückenlose Dokumentation aller Arbeitsschritte ist dabei unumgänglich.

 

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Die Rekonstruktion der bauzeitlichen Pedalkoppel erfordert gründliche Sichtung der wenigen Fragmente, die noch als bauzeitlich erkennbar sind. Für die große Oktave lässt sich die Lage des Wellenrahmens deutlich erkennen, so dass eine Modellplanung beginnen kann.

 

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Für die durch Umbauten in der Vergangenheit fehlenden Register „Gedact 16‘“, „Flauto traverse 8‘“ und „Bordun 8‘“ im Pedal werden vergleichbare Register in den vorhandenen Lindrum-Orgeln in Hessen/Fallstein und Woltorf gesichtet und aufgemessen.

 

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Im bis auf die Windladenkorpora ausgeräumten Gehäuse können Restaurierungsarbeiten an Turmwand und Kirchenschiffdecke erfolgen. Außerdem ist nun ausreichend Platz, die Pedalkoppel zu rekonstruieren.

 

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In der Werkstatt erfolgt parallel die Aufarbeitung der Pedalklaviatur mit Ergänzen der Pedaltastenauflagen und der fehlenden Trakturdrähte.

 

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Die Windladen weisen zwischen Kanzellenschieden und –spunden vielfach feine Spalten auf, die sorgfältig gedichtet werden müssen. Bei der Manuallade geschieht dies durch Aufleimen feiner Lederstreifen mit Warmleim. Abschließend wird die Windladenunterseite mit roter Bolusleimfarbe gemäß Vorbild bestrichen.

 

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Da die Unterseite der Pedallade nicht zum Aufbringen von Lederstreifen zu erreichen ist, werden die Kanzellen mit Warmleim vorsichtig ausgegossen. Wichtig ist hierbei, dass der Leim nicht durch den Ventilschlitz in den Windkasten läuft. Auch die Pedallade wird nach Abdichten der Kanzellen von unten mit Bolus bestrichen.

 

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Neben den Windladenarbeiten erfolgt auch die Restaurierung des Holzpfeifenwerks. Astlöcher, Vorschläge und Spunde müssen auf Dichtigkeit geprüft, eingepasst und abgedichtet werden.

Nach Fertigstellung der Trakturarbeiten mit der Pedalkoppel erfolgt nun der Wiedereinbau des restaurierten bzw. der Neueinbau des rekonstruierten Pfeifenwerks.

 

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Aufgrund unsachgemäßer Stimmung und infolge starker Verschmutzung sind nahezu alle Metallpfeifen beschädigt und müssen nach gründlichem Ausformen des Pfeifenkörpers angelängt werden. Auch die Pfeifenfüße haben vielfach Restaurierungsbedarf:

 

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Sorgfältiges Sichten der Pfeifen und Sortieren nach den originalen Signaturen gaben Aufschluss über die bauzeitlichen Pfeifenpositionen in Octav 2‘ und Mixtur. Ebenso konnten die gekürzten Pfeifen der Gamba 8‘, die als Nasat zweckentfremdet eingesetzt waren, wieder an ihren ursprünglichen Platz gelangen. Die fehlenden Pfeifen konnten entsprechend den Vorbildern rekonstruiert werden.

 

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Zwei Holz-Register im Manual – Flauto travers 8‘ und Gedact 16‘ – mussten komplett rekonstruiert werden, die hölzernen Pfeifen haben inzwischen ihren Platz in der Orgel gefunden. Im Pedal musste Bordunbaß 8‘ vollständig neu gefertigt werden, und die beiden anderen Pedalregister haben die für die Oktavkoppel notwendigen Fortsetzungen ebenfalls neu bekommen.

 

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Nach intensiver Intonationsphase konnten wir bis zum Reformationsfest 2017 die Orgel fertig zu stellen. Seither präsentiert sich das Instrument Albert Lindrums nach 153 Jahren wieder so, wie es wohl mal gedacht war.

 

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Wir freuen uns über die gelungene Arbeit und wünschen der Gemeinde und allen Musizierenden viel Freude und erlebnisreiche Stunden mit dieser Orgel.

 

 

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