Ev.-luth. Kirche St. Michael, Bansleben |
Ev.- luth. Kirche St. Michael, Bansleben, I / P / 9
Restaurierung der Euler-Orgel
In der schlichten, im Kern mittelalterlichen Kirche wurde 1867 die einmanualige Orgel der Gebrüder Euler aus Gottsbüren aufgestellt. Mit ihren 9 Registern auf Manual und Pedal ist sie die kleinste unter den bekannten erhaltenen Euler-Orgeln. Wie fast immer ist auch diese Orgel mehrfach verändert worden, doch ist die Anlage noch nahezu unverändert erhalten. Auch ist der vorhandene Bestand an Holzpfeifen bauzeitlich erhalten, das Metallpfeifenwerk hingegen stammt aus den 1970er Jahren und weist keine Bezüge zur Bauweise der Erbauer auf.
Der gemeinsame Stock von Oktave 2‘ und Mixtur II enthält trotz massiver Eingriffe noch das bauzeitliche Raster, so dass diese beiden Metallregister in Eulerscher Weise rekonstruiert werden können.
Gemäß Restaurierungsstandard unserer Tage wird das Gehäuse von elektrischen Bauteilen soweit wie möglich befreit und materialgetreu ergänzt. Die Schaltelemente werden in Spieltischnähe neu installiert. Leuchtkörper werden reversibel montiert, ohne dass sie den optischen Eindruck des Gehäuses nachteilig beeinflussen und dennoch den Spielbereich optimal beleuchten.
In der Werkstatt werden die Trakturbauteile aufgearbeitet und wo nötig ersetzt. Die Pedaltraktur hat in der Vergangenheit zwei Winkelbalken erhalten, die deutlich von der Bauweise der Gebrüder Euler abweichen, so dass diese nun nach Vorbild rekonstruiert werden. Als Referenz dienen die Orgeln in Everode und Königsdahlum, die ebenfalls aus dem Hause Euler stammen und zu ähnlicher Zeit gebaut wurden wie die Orgel in Bansleben.
Auch wenn der Holzwurm nach allem Anschein aktuell nicht mehr vorhanden ist, so hat er doch in der Vergangenheit fleißig für Perforation der Bauteile gesorgt; vor allem Buchenholz hat ihm anscheinen sehr gut gefallen. Zur Stabilisierung werden die Fraßgänge in bewährter Weise mit Spezialwachs ausgespritzt.
Die Umdisponierungen der 1970er Jahre, die im Zuge der aktuellen Maßnahme aus Kostengründen nicht vollständig korrigiert werden können, haben Veränderungen an den historischen Bauteilen notwendig gemacht, die leider wenig solide ausgeführt wurden. Behutsam versuchen wir dies zu korrigieren, ohne die historische Substanz weiter zu schädigen.
Die Pedalwindlade enthält noch bauzeitliche Stockschrauben aus Buchenholz, nach deren Vorbild neue Holzschrauben für die Windkastenklappen und die Manualwindlade gefertigt werden konnten. Auch wenn die neueren Windkastenverschlüsse und Stockschrauben aus Metall funktionstüchtig sind, ist es konsequente Restaurierungspraxis, die ursprüngliche Befestigungsart zu rekonstruieren und zu ergänzen.
Gleichzeitig mit den Windladen wurde die Balganlage auf dem Kirchenboden saniert und betriebssicher eingerichtet. Außerdem wurde die Pedaltraktur mit den neuen Winkelbalken fertig eingerichtet und das historische Pedalpfeifenwerk eingebaut und intoniert, wobei ungünstige Pfeifenpositionen in angemessener Weise korrigiert wurden.
Das metallene Manualpfeifenwerk konnte nicht komplett neu restauriert werden, doch wurde mit erheblichem Aufwand auch das übernommene klanglich ansprechend gestaltet. Bei den nachempfundenen Metallpfeifen wurde auch die Signatur in bauzeitlicher Weise realisiert. Wie damals üblich wurden sämtliche Pfeifen auf Tonlänge abgeschnitten. In der durch das historische Rasterbrett vorgegebenen Zusammensetzung präsentiert sich die Mixtur mit der Oktave 2‘ als volltönende sonore Klangkrone, die im Kirchenraum stark präsent, aber nicht schrill erscheint.
Mit Installation der aufgearbeiteten Beleuchtung und eines neuen Notenpults endet die Restaurierung der Orgel, und sie kann als organologisches Kleinod wieder ihrer Bestimmung als gottesdienstliches Instrument übergeben werden.
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